Eigentlich hatten wir einen Roadtrip “Korsika mit Kindern” via Italien und Sardinien geplant. Fahrtwind und Freiheit. Das war bevor wir wussten, dass unser neuestes Familienmitglied Mister X Autofahren hasste wie die Pest. Nie wäre uns diese Möglichkeit in den Sinn gekommen – schließlich war Lady L die entspannteste Mitfahrerin aller Zeiten. Aber ich wollte unbedingt nach Korsika. Dort waren Papa XL und ich schon, als wir noch komplett selbstbestimmt in den Tag leben konnten. Vielleicht sprang ja etwas von damals auf wundersame Weise auf unseren aktuellen “Struktur-Status” über.
Glücklicherweise präsentierte sich Plan B – mal wieder – per Zufall: Von Memmingen gab es Flüge nach Korsika, hörte ich. Und nach ein paar Google-Sessions und Taschenrechner-einsätzen – individuell summierte sich alles viel zu hoch – landete ich tatsächlich bei einem Pauschalanbieter. 2 Wochen inkl. Flug und Übernachtung in einem Bungalow im “Feriendorf Perla di Mare” kosteten 2000 € für uns alle. Auch im Preis inbegriffen: ein Leihwagen für die ganzen zwei Wochen. Das war für uns DAS Kaufargument. Klang nach Roadtrip-Feeling light und wurde gebucht.

Korsika mit Kindern – Feriendorf am Meer statt Camping-Bus
“Was machen wir jetzt hier 2 Wochen lang”?Diese Frage stellte mir Papa XL allen Ernstes nach nur drei Tagen in Perla di Mare. Gut, das Feriendorf war eben ein Feriendorf und kein Camping-Bus, aber wir hatten einen wundervollen Strand (wenn auch im weniger wilden Osten der Insel), eine coole Beach Bar und ein noch cooleres Beach Restaurant, wellenberauschende 5 Minuten Strandspaziergang entfernt. Ich weigerte mich, mich mit irgendetwas anderem zu befassen als mit dem Weg vom Bungalow zum Strand – dieser war übrigens nur 5 Minuten lang. “Bevor ich nicht im Meer-Modus groove, beantworte ich solche Fragen nicht”, war meine Antwort für Papa XL. Gegen seine Unfähigkeit zu entspannen, drückte ich ihm großzügigerweise noch den Reiseführer in die Hand. Für Vorschläge jeglicher Art was Korsika mit Kindern zu bieten hatte, war ich immer offen.



Zwischen Gumpen und Lavendelzimmer
Unser Urlaubswort des Jahres war “Gumpe”. Dorthin wollte Papa XL unbedingt, nachdem er den Reiseführer gelesen hatte. Mehrere davon lagen in maximal 2 Autostunden Entfernung. So die Theorie. In der Praxis mussten wir eine Schlafphase von Mister X abwarten, damit er mindestens die Hälfte der Strecke “out of order” war und uns nicht mit permanentem Gebrüll unterhielt. Das Problem: Wenn Mister X endlich müde war, waren es meist auch alle anderen Familienmitglieder. Schlechte Voraussetzung für einen entspannten Ausflug. Also fuhren wir erst los, als wir alle wieder fit waren. So Gumpen können ja nicht so schnell verschwinden. Die nicht. Aber die Sonne! Und so Gumpen im Schatten sehen nicht nur wenig einladend aus, sie sind auch noch viel kälter als ohnehin schon. Kurzum: “Warum bleiben wir nicht einfach am Meer?”, fragte Lady L. “Da ist es wenigstens schön”. Meine Tochter!
Am Meer war es nicht nur schön sondern auch so entspannt, dass ich nach gefühlten Jahrzehnten endlich wieder ein Buch in die Hand nahm. “Das Lavendelzimmer” von Nina George. Eine Nachbarin, deren Mutter auch gestorben war, hatte es mir geschenkt mit den Worten, dass ihr dieses – und nur dieses – Buch im ersten Jahr ungemein geholfen hatte. Vielleicht, weil es “den Verlorenen” gewidmet ist. “Und jenen, die sie immer noch lieben”. Vielleicht aber auch, weil die Worte so selbstverständlich durch die verschiedensten Lebensphasen der Protagonisten tragen, dass man sich in seiner eigenen plötzlich aufgehoben und verstanden fühlt. Jedenfalls konnte ich das Buch bis zur letzten Seite eigentlich nicht mehr aus der Hand legen, teilte es aber großmütig mit Papa XL, der davon ebenso angetan war. Was ein Glück – seine Hummeln im Popo gehörten der Vergangenheit an!
Thronstadt Bonifacio – nah am Abgrund



Nach einer kompletten Woche Meer-Bungalow-Pool-Meer war ich es dann, die etwas erleben wollte. “Nicht schon wieder zu so einem Wasserloch”, entrüstete sich Lady L. Ich konnte sie beruhigen: Es ging an die Südspitze Korsikas, nach Bonifacio. Schon die knapp eineinhalbstündige Fahrt dorthin war genau nach meinem Geschmack: Von der Küstenstrasse aus sah das Meer noch viel farbiger, der Strand noch viel weicher und der Süd-Himmel noch viel blauer aus als von unserem Feriendorf-Strand.
Von oben sehen wir diese Szenerie auch in Bonifacio: Die Festungsstadt liegt 80 Meter über dem Meer auf weißen Kreidefelsen. Wer sie besichtigen möchte, schlendert erst einmal durch den prominenten Hafen mit seinen wunderschönen Segelbooten und prolligen Yachten, bevor es ein paar Stufen nach oben (es fährt auch eine Bimmelbahn) in die eigentliche Stadt geht. Hier warten typisch südländisch-enge Kopsteinpflaster-Gassen mit netten Shops und diversen Einkehrmöglichkeiten. Der Ausblick von unserem Café, in dem wir im Wintergarten (äh, wie heißt das eigentlich im Süden?) sitzen, ist nichts für den höhenkranken Papa XL. Zu nah ist der Abgrund: Die Hauswände schließen quasi nahtlos mit den Felsen ab, es geht spektakulär steil in die wellenumpeitschte Tiefe. Sogar die Möwen gleiten noch unter uns durch den Himmel. Eine Hammer-Aussicht, die je nach Wetter sogar bis nach Sardinien reicht. Lady L ist begeistert von der “Thronstadt” und probiert sich mit großer Hingabe durch sämtliche Softeis-Maschinen. Ihr Fazit: Viel besser als die blöden Gumpen, die wir eh nie finden.
Kurzer Einschub der Redaktion, also von mir: Wunderschön liegen diese Gumpen und definitiv ein Muss für alle, die gerne wandern. Wenn Mister X in ein paar Jahren gut zu Fuß ist, sind wir dabei – inklusive Bad in den Gumpen! Soweit der Plan.
Fazit
Korsika mit Kindern bietet schöne Strände, coole Buchten und durch die bis über 2000 Meter hohen Berge viele Möglichkeiten, den Urlaub sportlich abwechslungsreich zu gestalten – wenn die Kids im passenden Alter sind. Für uns war es im Endeffekt ein erholsamer Strandurlaub: Mister X krabbelte den ganzen Tag wie eine frisch geschlüpfte Schildkröte durch den Sand, Lady L hüpfte abwechselnd in die Wellen oder vom Beckenrand des Pools und Papa XL und ich genossen es, zwischen Beach Bar und Strandlaken hin und her zu tingeln. Ach ja, und noch was (ich drücke mich möglichst diplomatisch aus): Die Italiener sind kinderfreundlicher.



